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Muster-Lüftungsanlagen-Richtlinie (M-LüAR)

Muster-Lüftungsanlagen-Richtlinie (M-LüAR)

Lüftungsanlagen spielen in modernen Gebäuden eine doppelte Rolle: Zum einen sichern sie Gesundheit und Komfort durch regelmäßigen Luftaustausch, zum anderen müssen sie im Brandfall so konzipiert sein, dass Feuer und Rauch sich nicht unkontrolliert über Lüftungswege ausbreiten können. Die grundlegenden brandschutzrechtlichen Anforderungen an Lüftungsanlagen sind in § 41 der Musterbauordnung (MBO) festgelegt. Dieser fordert u.a., dass Lüftungsanlagen „betriebssicher und brandsicher“ ausgeführt sind und keine Beeinträchtigung von Feuerungsanlagen verursachen dürfen. Lüftungsleitungen und ihre Dämmungen müssen grundsätzlich aus nichtbrennbaren Baustoffen bestehen; Durchdringungen feuerwiderstandsfähiger Wände und Decken durch Lüftungsleitungen sind nur zulässig, wenn eine Brandausbreitung ausreichend lang verhindert ist oder entsprechende Vorkehrungen getroffen wurden. Von diesen strengen Vorgaben macht die MBO Ausnahmen für kleine Gebäude (Gebäudeklassen 1 und 2) sowie innerhalb von Wohnungen oder innerhalb kleiner Nutzungseinheiten bis 400 m² auf maximal zwei Geschossen.

Vor diesem normativen Hintergrund konkretisiert die Muster-Lüftungsanlagen-Richtlinie die technischen und organisatorischen Maßnahmen, um die Schutzziele des § 41 MBO in der Praxis zu erreichen. Als “Muster-Richtlinie” dient sie den 16 Bundesländern als Vorlage zur einheitlichen Regelung der Lüftungsanlagen in Landesrecht. Ihre Bedeutung hat in den letzten Jahren nochmals zugenommen, da im Zuge hoher Anforderungen an Energieeffizienz und Klimaschutz immer mehr Gebäude mit komplexen Lüftungs- und Klimasystemen ausgestattet werden. Dadurch rückt die Verknüpfung von Lüftungshygiene, Energieeinsparung und Brandsicherheit stärker in den Fokus, insbesondere für Facility Manager, die den sicheren Betrieb solcher Anlagen gewährleisten müssen. Rechtlich ist sie ein Beispiel dafür, wie „Soft Law“ durch kooperative Föderalstrukturen in hard law überführt wird – ein Modell, das in Deutschland für viele technische Bereiche (Elektro, Aufzug, Lüftung etc.) erfolgreich praktiziert wird. Technisch deckt sie alle Facetten des Lüftungsbrandschutzes ab, von Baustoffklassen über Gerätetechnik bis hin zu organisatorischen Maßnahmen wie Prüfungen. Die Umsetzung in den Ländern zeigt: Einheitlichkeit ist ein angestrebtes Ideal, doch regionale Anpassungen bleiben, was einen informierten Umgang der FM-Leitung erfordert. Die Muster-Lüftungsanlagen-Richtlinie ist dabei Pflichtenheft und Begleiter.

Entstehungsgeschichte und institutionelle Einbettung der M-LüAR

Die M-LüAR wurde von der Bauministerkonferenz – konkret deren Fachkommission Bauaufsicht – in Zusammenarbeit mit Fachexperten entwickelt. Erstmals beschlossen in der Fassung vom 29. September 2005, bildet sie seither eine Mustergrundlage für landesrechtliche Regelungen im Bereich Lüftungsanlagen. Fachlich vorbereitet wurde sie im Arbeitskreis Technische Gebäudeausrüstung (TGA) der Fachkommission Bauaufsicht, in dem Vertreter aller obersten Bauaufsichtsbehörden der Länder, ein Bundesvertreter sowie Experten z.B. vom DIN mitwirken. Dies unterstreicht die breite institutionelle Verankerung: Alle Bundesländer sind in den Entwicklungsprozess eingebunden, um eine harmonisierte Regelsetzung zu ermöglichen.

Die Muster-Richtlinie wurde seit 2005 mehrfach fortgeschrieben, um technischen Fortschritt und gewonnene Praxiserfahrungen zu berücksichtigen. Wesentliche Aktualisierungen erfolgten durch Beschlüsse der Fachkommission Bauaufsicht am 1. Juli 2010 und am 11. Dezember 2015. Letztere Revision (veröffentlicht Februar 2016) brachte umfangreiche inhaltliche Änderungen, insbesondere in Abschnitt 4 (Feuerwiderstand von Leitungen und Absperrvorrichtungen) und Abschnitt 7 (besondere Nutzungsanforderungen). So wurden etwa zusätzliche Anforderungen an Brandschutzklappen aufgenommen und neue Regelungen für Lüftungsanlagen in Wohnungen und kleinen Nutzungseinheiten geschaffen. Die aktuell gültige Fassung geht auf den Beschluss vom 03. September 2020 zurück. Diese Ausgabe 2021 der M-LüAR (veröffentlicht im DIBt Mitteilungsblatt 2021/2) konsolidierte die vorherigen Änderungen und steht seither als amtliche Mustervorgabe bereit.

Bevor die überarbeiteten Fassungen in Kraft gesetzt werden konnten, war jeweils ein Notifizierungsverfahren bei der Europäischen Kommission durchzuführen. Da die M-LüAR technische Anforderungen an Bauprodukte und Bauarten stellt, die beim Inverkehrbringen und bei der Verwendung EU-rechtlich relevant sein können, wurde sie gemäß der EU-Richtlinie 2015/1535 der Kommission vorgelegt. Dieses Verfahren dient dazu, mögliche Handelshemmnisse frühzeitig zu erkennen und abzustimmen. Im Fall der M-LüAR gab es seitens der EU keine Einwände, so dass die Richtlinie in Deutschland final beschlossen und veröffentlicht werden konnte.

Institutionell ist die M-LüAR insofern bemerkenswert, als sie zwar von keinem Parlament verabschiedet wird, jedoch faktisch den Rang einer allgemein anerkannten Richtlinie im Bauaufsichtsbereich erlangt hat. Herausgeber der Muster-Verlautbarung ist das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt) im Auftrag der Bauministerkonferenz. Das DIBt veröffentlicht die Muster-Richtlinie in seinen Amtlichen Mitteilungen, was deren Verbreitung und Zugänglichkeit sicherstellt. Die Federführung durch die Fachkommission Bauaufsicht garantiert, dass die M-LüAR in enger Abstimmung mit der Musterbauordnung und anderen Muster-Verwaltungsvorschriften (z.B. der Muster-Leitungsanlagen-Richtlinie, MLAR) steht. Insgesamt lässt sich die Entstehung der M-LüAR als kooperativer Prozess zwischen Bund und Ländern sowie zwischen Verwaltung und Fachöffentlichkeit charakterisieren – mit dem Ziel, eine einheitliche und praxisgerechte Grundlage für den Brandschutz in Lüftungsanlagen zu schaffen.

Rechtsnatur: Soft Law, Technische Baubestimmung und Verwaltungsrecht

Rechtlich gesehen bewegt sich die M-LüAR in einem interessanten Spannungsfeld. Als Muster-Richtlinie der Bauministerkonferenz handelt es sich zunächst um Soft Law: ein nicht unmittelbar rechtsverbindliches Regelwerk auf interadministrativer Ebene. Die Bauministerkonferenz und ihre Fachkommission haben keine Gesetzgebungskompetenz; ihre Beschlüsse erlangen formal erst Wirksamkeit, wenn sie von den Ländern übernommen werden. Dennoch hat die M-LüAR durch ihre kontinuierliche Anwendung faktisch normative Kraft entfaltet. In vielen Bereichen des technischen Baurechts – so auch hier – dienen solche Musterregelungen als De-facto-Standard, selbst bevor eine förmliche Einführung in Landesrecht erfolgt. Marktakteure (Planer, Sachverständige, Hersteller) richten sich oft bereits nach der M-LüAR, weil sie wissen, dass diese die künftig geltenden Anforderungen vorgibt. In diesem Sinne besitzt die M-LüAR als Soft Law eine antizipierende Wirkung für die Auslegung von Generalklauseln der Bauordnungen (z.B. der Pflicht zu „brandsicheren“ Anlagen gemäß § 41 MBO).

Gleichzeitig wird die M-LüAR in den meisten Bundesländern formell als Technische Baubestimmung eingeführt. Das bedeutet, die Landesbauordnungen oder die aufgrund der Bauordnungen erlassenen Verwaltungsvorschriften erklären die (Muster-)Lüftungsanlagen-Richtlinie verbindlich. So heißt es etwa im Kommentar, „die Muster-Lüftungsanlagen-Richtlinie ist in den Ländern als Technische Baubestimmung bauordnungsrechtlich eingeführt“, weshalb sie bei Planung, Ausführung und Betrieb von Lüftungsanlagen zwingend zu beachten ist. Damit wird aus dem ursprünglich unverbindlichen Muster tatsächlich normatives Recht im jeweiligen Bundesland – freilich mit dem Status untergesetzlicher Normen (vergleichbar einer Verwaltungsvorschrift oder technischen Satzung). Die Rechtsnatur als technische Baubestimmung impliziert, dass Verstöße gegen die M-LüAR-Anforderungen bauaufsichtliche Konsequenzen haben können (z.B. Versagung der Baugenehmigung, Baueinstellungsverfügungen oder Nutzungsuntersagungen), sofern das Landesrecht die Richtlinie in Bezug nimmt.

Die Einführung der M-LüAR in Landesrecht geschieht dabei unterschiedlich. In einigen Ländern wird sie direkt in der Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (VV TB) oder vergleichbaren Erlassen genannt. Beispielsweise verweist die Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB) an einschlägiger Stelle auf die M-LüAR, wodurch diese Bestandteil der technischen Anforderungen wird. Andere Länder haben eigenständige Rechtsverordnungen erlassen. So existiert in Hessen die Hessische Verordnung über Lüftungsanlagen (HVLR), welche die Inhalte der Muster-Richtlinie in Landesrecht überführt und teils noch spezifisch verschärft oder detailliert hat. Wiederum andere Länder integrieren die Vorgaben der M-LüAR direkt in ihre Bauordnung oder nachgeordnete Ausführungsverordnungen. Berlin etwa verweist innerhalb der Bauordnung (BauO Bln) auf die Lüftungsanlagen-Richtlinie bzw. hat deren Anforderungen textlich übernommen.

Durch diese unterschiedlichen Wege der Rechtssetzung bewegt sich die M-LüAR an der Schnittstelle von Verwaltungsrecht und Technikrecht. Inhaltlich handelt es sich um eine technische Regel, deren Befolgung die Erfüllung unbestimmter Rechtsbegriffe der Bauordnung (wie „brandsicher“) konkretisieren soll. Verwaltungsrechtlich gesehen ist die M-LüAR oft als antizipierte Sachverständigenregel oder als normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift zu qualifizieren. Nach ständiger Rechtsprechung binden solche Verwaltungsvorschriften zwar primär die Verwaltung selbst, entfalten aber indirekt Wirkungen nach außen, indem sie den Maßstab für genehmigungsfähige Lösungen setzen. Bauherren und Betreiber können grundsätzlich auch abweichende Lösungen wählen, müssen dann jedoch im Einzelfall nachweisen, dass die Schutzziele gleichwertig erfüllt sind (vgl. § 3 Abs.3 MBO: „abweichende Lösungen sind zuzulassen, wenn die Anforderungen auf andere Weise ebenso wirksam erfüllt werden“). Insofern bleibt ein gewisser Flexibilitätsraum bestehen. De facto jedoch hat sich die M-LüAR als quasi-verbindlicher Standard etabliert, von dem nur mit triftiger Begründung und kompensierenden Maßnahmen abgewichen werden kann.

Noch ein Aspekt der Rechtsnatur: Als technische Baubestimmung musste die M-LüAR – wie erwähnt – gemäß EU-Bauproduktenrecht notifiziert werden. Hintergrund ist, dass sie produktbezogene Anforderungen (z.B. an Brandschutzklappen und Lüftungskanäle) enthält. Diese Anforderungen dürfen nicht im Widerspruch zur europäischen Harmonisierung (Bauprodukteverordnung und harmonisierte Normen) stehen. Tatsächlich verweist die M-LüAR selbst auf die maßgeblichen DIN-EN-Normen und europäische Klassifizierungen, sodass eine Kohärenz gewährleistet ist. So sind etwa Brandschutzklappen seit 2012 nach der harmonisierten Norm DIN EN 15650 zu konstruieren und zu prüfen; maßgebliche Prüfnorm ist DIN EN 1366-2 und die Klassifizierung erfolgt nach EN 13501-3 (z.B. EI 30, EI 60, EI 90 mit oder ohne S-Zusatz für Rauchdichtheit). Die Einhaltung dieser Normen wird über die MVV TB abgesichert, in der Brandschutzklappen im Teil B3, Abschnitt B 3.2.1 gelistet sind. Damit ist klar: Die M-LüAR steht nicht isoliert, sondern in einem Normengefüge aus Bauordnungsrecht, technischen Baubestimmungen und europäischen Produktnormen. Ihre rechtliche Natur kann als hybrid beschrieben werden – ein Instrument zwischen Gesetz und technischer Regel, das durch administrative Einbindung Verbindlichkeit erlangt und dabei europäische Vorgaben berücksichtigt.

Technischer Inhalt und Aufbau der M-LüAR

Die M-LüAR ist inhaltlich so strukturiert, dass sie vom Allgemeinen zum Speziellen alle relevanten Aspekte des Brandschutzes in Lüftungsanlagen abdeckt. Nach einem Geltungsbereich und Begriffsbestimmungen folgen technische Anforderungen an Baustoffe und Bauteile, an die Feuerwiderstandsfähigkeit der Anlagekomponenten, an Einbau und Anordnung sowie besondere Regelungen für spezielle Anwendungsfälle.

Ein kurzer Überblick über die Struktur der Richtlinie:

  • Abschnitt 1 Geltungsbereich: Stellt klar, dass die Richtlinie für den Brandschutz von Lüftungsanlagen gilt, an die nach § 41 MBO Anforderungen gestellt werden. Ausgenommen sind lufttechnische Transportanlagen wie Späneabsaugungen oder Rohrpost, da diese keine klassischen raumlufttechnischen Anlagen sind. Erfasst werden hingegen alle raumlufttechnischen Anlagen (RLT-Anlagen) einschließlich Klima- und Lüftungsanlagen sowie Warmluftheizungen. Der Anwendungsbereich erstreckt sich typischerweise auf Wohngebäude, Büro- und Gewerbebauten und öffentliche Sonderbauten, soweit dort Lüftungsanlagen nach Bauordnungsrecht erforderlich oder vorgesehen sind. In der Praxis betrifft dies z.B. Versammlungsstätten (Theater, Hallen), Hochhäuser, Krankenhäuser, Schulen, Beherbergungsstätten und große Verkaufsstätten, um nur einige zu nennen – all jene Gebäudetypen also, in denen Lüftungsanlagen zum Einsatz kommen und im Brandfall potenziell brand- und rauchübertragend wirken könnten.

  • Abschnitt 2 Begriffe: Hier werden zentrale Begriffe definiert. „Lüftungsanlagen“ im Sinne der Richtlinie sind alle Einrichtungen zur Be- und Entlüftung von Räumen, also auch Klimaanlagen, RLT-Anlagen und Warmluftheizungen. Eine Lüftungsanlage besteht aus den Lüftungsleitungen und allen zugehörigen Bauteilen und Einrichtungen. Als „Lüftungsleitungen“ gelten sämtliche von Luft durchströmten Bauteile: Rohre, Kanäle, Formstücke, Schächte, Schalldämpfer, Ventilatoren, Luftaufbereitungsgeräte, sowie Brandschutzklappen und andere Absperrvorrichtungen gegen Feuer und Rauch (inkl. Rauchschutzklappen) – jeweils mitsamt Verbindungen, Befestigungen, Dämmschichten, Ummantelungen usw.. Diese breite Definition stellt klar, dass der Brandschutz ganzheitlich für das gesamte Luftführungssystem betrachtet wird.

  • Abschnitt 3 Anforderungen an das Brandverhalten von Baustoffen: Grundlegend fordert die Richtlinie – in Anknüpfung an § 41 Abs.2 MBO – nichtbrennbare Baustoffe für Lüftungsleitungen, ihre Bekleidungen und Dämmstoffe. Allerdings werden in Unterabschnitt 3.2 bestimmte Fälle zugelassen, in denen schwerentflammbare (und ausnahmsweise sogar normalentflammbare) Baustoffe verwendet werden dürfen. Beispielsweise ist es zulässig, Lüftungsleitungen aus schwerentflammbaren Materialien zu bauen, wenn die Leitungen nicht durch brandabschnittsbildende Bauteile hindurchführen oder wenn an den Durchführungen Brandschutzklappen installiert sind. Ebenso können Lüftungsleitungen aus nichtbrennbaren und brennbaren Schichten kombiniert sein, solange die Verbundwirkung untersucht ist und kein erhöhtes Brandrisiko entsteht. Die Richtlinie zählt vier typische Ausnahmefälle auf, in denen brennbare bzw. schwerentflammbare Baustoffe verwendet werden dürfen, z.B. bei Leitungen in feuerwiderstandsfähigen Schächten oder bei solchen mit ausschließlich innen liegender brennbarer Beschichtung. Eine wichtige Präzisierung erfolgte hier jüngst über die MVV TB 2019: Die Definition, was als „schwerentflammbar“ gilt, wurde verschärft. Ein Baustoff der Klasse B1 (nach alter DIN 4102) muss nun europäisch mindestens Klasse C-s2,d2 erreichen, um in Deutschland als schwerentflammbar zu gelten. Produkte, die z.B. nur „C-s3,d2“ erreichen, gelten nicht mehr als schwerentflammbar. Dadurch werden höhere Anforderungen an die Rauchentwicklung gestellt (s2 statt s3). Diese Klarstellung verweist auf die Verzahnung zwischen der Richtlinie und technischen Normen: nationale Klassifizierungen wurden an europäische Standards angepasst, was Planer und Hersteller berücksichtigen müssen.

  • Abschnitt 4 Anforderungen an die Feuerwiderstandsfähigkeit von Lüftungsleitungen und Absperrvorrichtungen: Dieser Teil ist zentral, da er die Kernlösungen liefert, wie Lüftungsanlagen im Brandfall abgeschottet werden. Abschnitt 4.1 formuliert zunächst grundlegende Anforderungen (im Wesentlichen eine Wiederholung der früheren Regelungen). Entscheidender ist Abschnitt 4.2 mit Anwendungs- und Ausführungsbestimmungen. Hier wird beschrieben, auf welche Weise Lüftungsleitungen über Brandabschnitte hinweggeführt werden können, ohne den Feuerwiderstand der Trennbauteile zu kompromittieren.

Die M-LüAR kennt dabei zwei grundsätzliche Lösungswege (oft als Schachtlösung und Schottlösung bezeichnet):

  • Schachtlösung: Leitungsabschnitte, die durch feuerwiderstandsfähige Wände/Decken hindurchführen, werden selbst in feuerbeständigen Kanälen oder Schächten geführt. Das kann bedeuten, dass die Lüftungsleitung innerhalb eines aus nichtbrennbaren Baustoffen bestehenden Installationsschachts verläuft, der seinerseits die erforderliche Feuerwiderstandsdauer (z.B. 90 Minuten = F90/L90) aufweist. Alternativ kann die Leitung selbst als selbstständig feuerwiderstandsfähige Lüftungsleitung ausgeführt sein – es gibt spezielle Lüftungskanäle, die einen geprüften Feuerwiderstand (z.B. EI 90) besitzen und damit ohne zusätzlichen Schacht auskommen. In beiden Fällen wird kontinuierlich ein geschützter Leitungskanal geschaffen, sodass eine Brandweiterleitung über den Leitungsweg für eine definierte Zeit verhindert ist.

  • Schottlösung: Hier werden die Lüftungsleitungen zwar „normal“ (ohne feuerfeste Ummantelung) durch Wände/Decken geführt, aber an jedem Durchbruch wird eine Brandschutzklappe (BSK) eingebaut. Diese Absperrvorrichtungen schließen im Brandfall und stellen somit eine Barriere im Lüftungskanal dar, die Feuer und Rauch am Durchtritt hindert. Die M-LüAR fordert, dass die Feuerwiderstandsdauer der Brandschutzklappe mindestens der des durchdrungenen Bauteils entspricht (d.h. in einer F90-Wand muss eine BSK mit Feuerwiderstand EI 90 sitzen). Damit soll gewährleistet sein, dass Wand und Klappe im Brandfall über die gleiche Zeit dem Feuer standhalten.

Beide Lösungsansätze haben Vor- und Nachteile in der praktischen Umsetzung. Die Schachtlösung vermeidet bewegliche Teile (Klappen), erfordert aber baulichen Aufwand und evtl. größeren Platzbedarf für Schächte. Die Schottlösung ist flexibler in der Leitungsführung, bringt aber die Notwendigkeit regelmäßiger Wartung der Brandschutzklappen mit sich. In der Richtlinie werden Details geregelt, wann welche Lösung anzuwenden ist. Häufig sind auch Kombinationen möglich (z.B. ein teilweise schachtförmig geführtes Hauptrohr mit einzelnen BSK an Abzweigen). Zudem enthalten Abschnitt 4.2 und nachfolgende Teile Vorgaben zu speziellen Ausführungen, etwa Leitungen mit erhöhter Brand- oder Explosionsgefahr (etwa Küchenabluft mit Fettanteilen) – diese erfordern oft gesonderte Maßnahmen wie automatische Löscheinrichtungen oder besondere Filter. Auch Rauchschutzklappen werden erwähnt: Das sind Absperrvorrichtungen, die vor allem der Rauchdichtheit dienen (z.B. in RWA- oder Entrauchungsleitungen), teils getrennt von den klassischen Brandschutzklappen.

Wichtig ist auch der Verweis der M-LüAR auf erforderliche Verwendbarkeitsnachweise für Produkte. Es wird betont, dass für den Einbau von Bauprodukten und die Anwendung von Bauarten die konkreten Regeln der MVV TB in der jeweils geltenden Fassung maßgeblich sind. Somit muss z.B. eine Brandschutzklappe ein gültiges CE-Kennzeichen nach EN 15650 besitzen und den Leistungskriterien (EI-Klasse, Leckageklasse S, Dauerfunktion) entsprechen. Auch Lüftungsleitungen mit Feuerwiderstand benötigen bauaufsichtliche Nachweise (allgemeine bauaufsichtliche Zulassung oder europäische Technische Bewertung), welche in der MVV TB gelistet sind. Durch diese Kopplung wird sichergestellt, dass anerkannte Regeln der Technik wie DIN-Normen und europäische Standards beachtet werden und die Richtlinie kein Inseldasein neben den Normen führt.

  • Abschnitt 5 Installation der Lüftungsleitungen: Hier finden sich diverse Ausführungsregeln zur Anordnung und Verlegung von Lüftungsleitungen. Beispielsweise fordert Abschnitt 5.1.1 besondere Schutzmaßnahmen für Lüftungsleitungen mit erhöhter Brand- oder Explosionsgefahr oder mit chemischer Kontamination (dort können u.a. strengere Materialanforderungen oder automatische Absperreinrichtungen nötig sein). Abschnitt 5.1.2 regelt die Positionierung von Außenluft- und Fortluftöffnungen (Mündungen) – etwa Abstände, um Kurzschlüsse zwischen Abluft und Zuluft zu vermeiden, und um zu verhindern, dass Rauch, der aus einer Fortluft austritt, wieder ins Gebäude gesaugt wird. Weiterhin stellt Abschnitt 5.2 Anforderungen an die Leitungsführung: Alle Leitungsabschnitte sind so zu befestigen, dass im Brandfall keine unzulässigen mechanischen Beanspruchungen auftreten (Stichwort: Begrenzung von Kräften, damit z.B. herabfallende Bauteile keine Leitungen abreißen). Bei der Durchführung durch feuerwiderstandsfähige Bauteile (Abschnitt 5.2.1.2) werden im Grunde die Schacht- oder Schottlösungen aus Abschnitt 4 aufgegriffen und konkretisiert. Weitere Punkte betreffen Mindestabstände zu brennbaren Baustoffen (etwa dürfen heiße Abluftleitungen nicht unmittelbar an brennbare Deckenverkleidungen anliegen), die Zulässigkeit von Lüftungsleitungen im Freien (draußen verlegte Kanäle brauchen evtl. Witterungsschutz, aber brandschutztechnisch sind sie oft weniger kritisch) und die Verlegung oberhalb abgehängter Decken oder im Dachraum. All diese Details dienen dem Ziel, bereits bei der Installation potentiellen Brandgefahren vorzubeugen, sei es durch richtige Positionierung oder kompatible Materialien.

  • Abschnitt 6 Luftaufbereitungseinrichtungen und Lüftungszentralen: In diesem Teil wendet sich die Richtlinie den zentralen Komponenten einer Lüftungsanlage zu – also Lüftungsgeräte, Ventilatoren, Heizregister, Filter, Befeuchter etc., typischerweise in Aufstellräumen (Lüftungszentralen) angeordnet. Es wird z.B. gefordert, dass Lufterhitzer (Heizregister) in Lüftungsanlagen so beschaffen sind, dass von ihnen keine Zündgefahr für abgelagerte Staub-/Fettanhaftungen ausgeht. Filtermedien sollen im Brandfall nicht brennend abtropfen oder übermäßige Rauchproduktion verursachen. Für Wärmerückgewinnungsanlagen (WRG) – z.B. Rotationswärmetauscher oder Plattenwärmetauscher – gelten Vorgaben, dass sie im Brandfall keinen Rauchaustausch zwischen Zu- und Abluftströmen ermöglichen dürfen. Oft wird dies technisch so gelöst, dass im Ernstfall Ventilatoren abschalten oder Bypässe öffnen, damit kein Rauch über den Wärmetauscher von der Abluft- in die Zuluftseite gelangt. Lüftungszentralen selbst (also Räume, in denen Lüftungsgeräte stehen) sind ebenfalls Gegenstand von Anforderungen: Ihre Wände/Böden sind oft feuerbeständig auszuführen, Öffnungen sind zu begrenzen und sie brauchen direkte, verschließbare Zugänge. In größeren Anlagen fordert die M-LüAR mitunter, dass Lüftungszentralen als eigene Brandabschnitte konzipiert sind, um ein Übergreifen eines Feuers aus der Zentrale auf das übrige Gebäude zu verhindern. Auch müssen Zentralen so gestaltet sein, dass Instandhaltungsarbeiten gefahrlos durchgeführt werden können – genügend Platz, Beleuchtung, Zugang z.B. zu Brandschutzklappen etc.

  • Abschnitt 7 Lüftungsanlagen für besondere Nutzungen: Dieser Abschnitt fasst Sonderfälle zusammen, die von den allgemeinen Regeln abweichen oder zusätzliche Festlegungen brauchen. Die neue Fassung der M-LüAR (seit 2016) enthält hier mehrere Unterpunkte, die früher teilweise außerhalb der Richtlinie geregelt waren (z.B. in DIN 18017-3 für Wohnungslüftung).

Im Einzelnen:

  • Be- und Entlüftung von Wohnungen und Nutzungseinheiten bis 200 m²: Hier geht es um zentral geführte Wohnungslüftungsanlagen (z.B. Abluft aus Bädern/WCs mehrerer Wohnungen über eine gemeinsame Steigleitung). Solche Anlagen waren Gegenstand intensiver Diskussion, da einerseits die Brandübertragung zwischen Wohnungen verhindert werden muss, andererseits die herkömmlichen Brandschutzklappen (DIN EN 15650) bei sehr kleinen Leitungsquerschnitten unpraktikabel sind. Die M-LüAR beschreibt in 7.1 nun Absperrvorrichtungen für diese Fälle, die weder klassische EN-15650-Brandschutzklappen noch einfache Ventile nach DIN 18017-3 sind. Diese speziellen Absperrelemente dürfen im offenen Zustand den Querschnitt der Hauptleitung nicht wesentlich einengen (um Strömungsverluste gering zu halten) und sind auf Hauptleitungs-Querschnitte bis max. 0,2 m² (entspricht ca. Ø 500 mm) begrenzt. Sie müssen mindestens alle 2 Jahre auf Funktion überprüft werden. Durch diese Regelung hat man einen mittleren Weg geschaffen: Hersteller können nun geeignete neuartige Brandschutz- oder Rauchschutzklappen für wohnungszentrierte Anlagen entwickeln, die einfach aufgebaut sind, aber dennoch eine gewisse Brandsicherheit bieten. Praktiker kritisieren allerdings die Unstimmigkeit, dass diese Wohnungslüftungs-Absperrer strenger (alle 2 Jahre) geprüft werden müssen, während große Standard-Brandschutzklappen in Abschnitt 4.2 einen viel längeren Turnus erhalten haben (dazu mehr in Kapitel 7).

  • Lüftungsanlagen mit Ventilatoren für fensterlose Bäder und WCs: Hier werden Anforderungen an die bekannten kleinen Abluftanlagen nach DIN 18017-3 formuliert. In vielen Wohnbauten werden innenliegende Bäder über einen gemeinsamen Abluftschacht mit Ventilator entlüftet, der ggf. mehrere Geschosse bedient. Diese Anlagen nutzen oft kompakte Brandschutzelemente (früher „Brandschotts“ genannt), die in der Badlüftungsleitung jeder Wohnung sitzen und im Brandfall schließen. Die M-LüAR übernimmt im Wesentlichen die bisherigen DIN 18017-3-Vorgaben, ergänzt aber klarstellend, dass solche Absperrelemente auch in Zuluftleitungen eingebaut werden dürfen, sofern diese Zuluftleitungen ausschließlich zur Belüftung der betreffenden fensterlosen Bäder/Toiletten dienen. Damit wird verhindert, dass jemand versucht, das Prinzip auf andere Räume auszuweiten – z.B. war unklar, ob man ähnliche Elemente für kleine Abstellräume verwenden darf. Die neue Formulierung stellt klar: andere Anwendungen (z.B. Lüftung von Abstellräumen über dieselbe Anlage) sind nicht vom Anwendungsbereich gedeckt. Solche Fälle müssen gesondert im Brandschutzkonzept bewertet werden, und wenn nötig sind statt der DIN-18017-Elemente die in 7.1 genannten Absperrvorrichtungen einzusetzen. Insgesamt sorgt Abschnitt 7.2 also für eine eindeutige Abgrenzung: Die stark vereinfachten DIN-18017-Lösungen bleiben strikt auf Wohnungssanitärbereiche beschränkt.

  • Lüftungsanlagen in nichtgewerblichen Küchen (Wohnungsküchen): Hier wird angeordnet, dass Küchenabluft in Wohnungen – die ja oft feuchte und fetthaltige Luft fördern – ebenfalls geeignete Absperrvorrichtungen gemäß 7.1 oder 7.2 haben müssen. Das Ziel ist, auch hier eine Ausbreitung von Feuer/Hitze über Küchenabluftschächte zu unterbinden. Gewerbliche Küchen sind vom Anwendungsbereich der M-LüAR weitgehend ausgenommen oder fallen unter strengere Sonderbauvorschriften; für Wohnungsküchen jedoch schließt diese Regelung eine Lücke in der bisherigen Richtlinie.

Zusammenfassend bietet die M-LüAR ein geschlossenes System von Anforderungen für alle relevanten Komponenten: Von der Materialwahl über die bauliche Führung der Kanäle, den Einsatz von Brandschutzklappen und Rauchmeldern bis hin zu Sonderfällen kleiner Lüftungsanlagen. Brandschutzklappen (BSK) verdienen besondere Erwähnung: Sie sind das klassische Mittel, um Lüftungsleitungen brandsicher zu machen, und unterliegen deshalb strengen Anforderungen. Seit 2012 sind BSK als europäisch harmonisierte Bauprodukte definiert (CE-Kennzeichnung nach EN 15650). Sie müssen neben der Feuerwiderstandsdauer auch Kriterien der Rauchleckage (S-Klassifizierung) erfüllen, sofern gefordert, und Dauerfunktionsprüfungen (üblicherweise 10.000 Zyklen) nachweisen. BSK bestehen meist aus selbsttätig schließenden Klappenblättern mit thermischer Auslösung (Schmelzlotsicherung). Die M-LüAR erlaubt zusätzlich oder fordert in bestimmten Situationen Rauchauslöseeinrichtungen (RAE): Das sind Sensoren (i.d.R. Rauchmelder in der Leitung oder in der Zentrale), die einen Brand bereits im Frühstadium über Rauch detektieren und dann elektrisch die Brandschutzklappen schließen. Dadurch können BSK schon schließen, bevor die Hitze des Feuers das Schmelzlot auslöst – was vor allem bei kaltem Rauch in Frühphasen lebensrettend sein kann. In Sonderbauten mit hohem Personenrisiko oder großer Ausdehnung wird der Einsatz solcher Rauchmelder an BSK dringend empfohlen bzw. oft gefordert. So heißt es etwa: „Bei Lüftungsanlagen für Gebäude mit großen Menschenansammlungen oder erhöhten Risiken sind ggf. zusätzliche Rauchauslöseeinrichtungen für Brandschutzklappen vorzusehen, um Rauchübertragung zu verhindern.“. Diese Verknüpfung mit Brandmelde- und RWA-Technik zeigt, dass Lüftungsanlagen-Brandschutz kein isoliertes Gewerk ist, sondern integraler Bestandteil des gesamten Brandschutzkonzepts.

Ein weiterer technischer Baustein ist die automatische Abschaltung von Lüftungsanlagen im Brandfall. Zwar regelt die M-LüAR dies nicht ausdrücklich umfassend, doch in vielen Szenarien ist vorgesehen, dass im Brandfall die Ventilatoren kontrolliert gestoppt werden und ggf. Brandschutzklappen schließen (oft über die Gebäudeleittechnik oder Brandmeldeanlage angesteuert). Dadurch soll verhindert werden, dass die Lüftung im Brandfall Rauch aktiv verteilt. Ausnahmen gibt es natürlich bei Anlagen, die gerade zur Rauchableitung genutzt werden (Rauch- und Wärmeabzugsanlagen, RWA). Hier müssen Ventilatoren und Klappen dann gezielt so gesteuert werden, dass Rauchabzug stattfinden kann, z.B. über Rauchschutzdruckanlagen in Treppenräumen oder maschinelle Entrauchung von Tiefgaragen. Die M-LüAR berührt diese Sonderfälle nur am Rande; dafür gibt es eigenständige Richtlinien (z.B. Muster-Rauchabzugsrichtlinie). Dennoch sind Schnittstellen vorhanden, etwa dass Lüftungsleitungen von RWA-Anlagen ebenfalls die Anforderungen der M-LüAR erfüllen müssen, wenn sie durch brandabschnittsbildende Bauteile führen.

Zusammengefasst zeichnet sich die M-LüAR durch eine hohe Detaillierung technischer Vorgaben aus. Sie formuliert die Schutzziele des Bauordnungsrechts in konkrete Bau- und Ausrüstungsanforderungen um. Für Planer und ausführende Unternehmen fungiert sie als verbindlicher Leitfaden: Von der Auswahl der richtigen Materialien (z.B. Steinwolle-Dämmung statt PU-Schaum) über konstruktive Lösungen (Schacht oder Klappe) bis hin zu Wartungsaspekten (Vorbereitung auf Inspektionen) wird ein Regelrahmen gesetzt. Dieser ist allerdings nicht starr, sondern erlaubt alternative Ansätze, solange die Schutzzielerreichung gesichert ist – etwa durch Verweis auf die Möglichkeit gleichwertiger Lösungen im Brandschutzkonzept. Damit kommen wir zum nächsten Punkt: Wie setzen die Bundesländer diese Musterregelung konkret um, und welche Unterschiede ergeben sich in der Praxis?

Umsetzung in den Bundesländern: Praxisvarianten und Probleme

Obwohl die M-LüAR als Muster einen einheitlichen Standard anstrebt, zeigt die Praxis der Landesregelungen teils beachtliche Unterschiede in Einführung, Anwendung und Auslegung. Jedes Bundesland hat eigenständig entschieden, ob und wie die Richtlinie in Landesrecht überführt wird. Dies führt zu länderspezifischen Fassungen, die im Kern zwar den Musterinhalten folgen, aber im Detail differieren können.

Einige exemplarische Varianten:

  • Bayern: In Bayern wird die M-LüAR durch Bekanntmachung als Technische Regel zur BayBO eingeführt, typischerweise in Verbindung mit der Bayrischen Technischen Baubestimmung (BayTB). Man legt besonderen Wert darauf, die Richtlinie mit dem lokalen baulichen Umfeld in Einklang zu bringen. So gibt es in Bayern detaillierte Regelungen für den Bestand – insbesondere für historische Gebäude oder Denkmäler, wo der Einbau moderner Lüftungsbrandschutztechnik oft schwierig ist. Hier werden im Einzelfall Befreiungen oder Sonderlösungen gestattet, solange das Schutzziel durch alternative Maßnahmen erreicht wird (etwa häufigere Rauchmelder-Installation statt baulicher Trennung in denkmalgeschützten Decken). Bayern betont zudem die Integration in den baulichen Brandschutz: Lüftungsanlagen werden stark als Teil des Gesamtkonzepts gesehen, weshalb landesspezifische Vorgaben zur Rauchableitung über Lüftungsanlagen und Vermeidung von Brandübertragungen existieren. Beispielsweise fordert Bayern in Sonderbauten oft eine automatische Abschaltung der Lüftungsanlage bei Brandalarm, sofern nicht anders im Brandschutzkonzept vorgesehen. Solche Details gehen über die Musterregelung hinaus und zeigen einen eigenständigen Schwerpunkt.

  • Hessen: Hessen ist insofern besonders, als es – wie erwähnt – eine eigene Verordnung über Lüftungsanlagen (HVLR) erlassen hat. Diese lehnt sich an die M-LüAR an, enthält aber teils strengere oder präzisere Vorgaben. Nach den verfügbaren Informationen legt Hessen großen Wert auf die praktische Umsetzbarkeit der Richtlinie. So werden Planern und Betreibern klare Handlungsanweisungen gegeben, und es wird die Nutzung moderner Regel- und Überwachungstechnik in Lüftungsanlagen forciert. Das könnte bedeuten, dass Hessen z.B. verpflichtend vorschreibt, in bestimmten Gebäuden Brandfallsteuerungen mit Rauchmeldern und automatischer Klappenschließung zu installieren, während dies nach Muster nur empfohlen ist. Die HVLR könnte auch kürzere Prüfintervalle oder zusätzliche Prüfnachweise vorschreiben, um die praktische Sicherheit zu erhöhen – dies ist ein Aspekt, den Facility Manager in Hessen besonders im Blick haben müssen. Die eigenständige Verordnung erlaubt es dem Land, schneller auf neue Entwicklungen zu reagieren, birgt aber die Gefahr, dass Abweichungen zum Muster entstehen.

  • Berlin: Berlin hat die M-LüAR weitgehend in die Bauordnung integriert. Das heißt, die Bauordnung Berlin (und die Ausführungsvorschriften dazu) enthält Paragraphen, die sinngemäß die Inhalte der Richtlinie wiedergeben. Aufgrund der speziellen städtischen Gegebenheiten Berlins – dichte Bebauung, viele Altbauten – wurden Anpassungen vorgenommen. So sind bei Nachrüstungen in Altbauten oft Kompromisse nötig, was etwa Lärmschutz oder Denkmalschutz betrifft. Berlin legt daher zusätzlichen Wert auf Schallschutzanforderungen bei Lüftungsanlagen im Wohnungsbau (Stichwort: keine Geräuschbelästigung durch Brandschutzklappen oder Ventilatoren in Ruhebereichen) und auf Energieeffizienz in der dicht bebauten Stadt. Möglich, dass Berlin z.B. in der Umsetzung fordert, Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung zu versehen, was die Richtlinie selbst nicht verlangt, aber aus Klimaschutzgründen wünschenswert ist. Diese lokalpolitischen Akzentuierungen zeigen sich in den Verwaltungsvorschriften: So gibt es in Berlin zusätzliche Hinweise zur Vermeidung von Energieverlusten trotz Brandschutz (z.B. Pflicht, Brandschutzklappen möglichst nah an brandabschnittsbildenden Wänden anzubringen, um die Länge feuerbeständiger Leitungen zu minimieren – was Kosten und Wärmeverluste reduziert).

  • Nordrhein-Westfalen (NRW): Auch NRW hat die M-LüAR in Landesrecht überführt, in der Bauordnung NRW bzw. den Technischen Baubestimmungen dazu. Das Land NRW hat dabei einen Fokus auf den Wohnungsbau und die Wohnraumlüftung gelegt. Insbesondere vor dem Hintergrund zunehmender Schimmelprobleme in hoch gedämmten Gebäuden (Stichwort: fast luftdichte Neubauten) hat NRW frühzeitig die kontrollierte Wohnraumlüftung propagiert. Entsprechend hat man in der Umsetzung der Lüftungsrichtlinie spezifische Regelungen für Wohnhäuser formuliert. Dazu zählt etwa die klare Forderung, dass selbst bei freiwilliger Lüftungsinstallation (d.h. auch wenn nicht bauordnungsrechtlich erfordert) diese Anlagen den brandschutztechnischen Vorgaben genügen müssen. Ferner hat NRW beim Thema Feuchteschutz vs. Brandschutz einige Leitlinien entwickelt: So sollen Lüftungsanlagen in Wohngebäuden so gestaltet sein, dass Feuchtigkeitsschäden und Schimmel durch mangelhafte Lüftung vermieden werden – ohne jedoch den Brandschutz zu vernachlässigen. Das könnte heißen, dass NRW zum Beispiel in der Einbauanleitung vorgibt, Entfeuchtungssteuerungen mit dem Brandfallmanagement zu koppeln (z.B. Anlagen im Normalbetrieb zur Schimmelvermeidung laufen zu lassen, aber im Brandfall sicher abzuschalten). Im Vergleich zu anderen Ländern liegt hier der Akzent also auf dem Alltagsbetrieb und der Doppelfunktion Lüftung = Hygiene + Sicherheit.

Die genannten Beispiele illustrieren, dass trotz einer gemeinsamen Mustergrundlage landestypische Varianten existieren. Diese können aus verschiedenen Gründen entstehen: Unterschiedliche Auffassungen der Landesbauaufsicht, politische Prioritäten (Klimaschutz, Denkmalschutz etc.), oder auch Rücksicht auf bereits bestehende Regelwerke im Land. In Hessen z.B. spielte sicher die bereits etablierte Prüf- und Wartungskultur (durch die TPrüfVO Hessen) eine Rolle bei der Ausgestaltung der HVLR. In Bayern wiederum achtete man darauf, die M-LüAR mit der bayrischen Sonderbau-Verordnung kompatibel zu halten, etwa hinsichtlich der Entrauchung von großen Räumen.

Aus Sicht der Praxis – und besonders aus Sicht eines Facility-Management-Verantwortlichen, der ggf. Liegenschaften in mehreren Bundesländern betreut – ergibt sich daraus eine Herausforderung an die Harmonisierung. Zwar sind die Grundprinzipien überall ähnlich (kein Bundesland verzichtet z.B. auf Brandschutzklappen in notwendigen Fällen), doch die Details und Nachweispflichten divergieren. Ein und dieselbe technische Anlage könnte in Land A ohne Weiteres genehmigungsfähig sein, während in Land B formale Abweichungen beantragt werden müssten. So dokumentiert ein Fachkommentar zur M-LüAR ausführlich „die Abweichungen in den einzelnen Bundesländern sowie abweichende Regelungen für Sonderbauten“.

Diese Unterschiede betreffen z.B.:

  • Begriffsdefinitionen und Anwendungsgrenzen: Etwa was als „gleichwertige“ Lüftungsanlage gilt. Manche Länder könnten strengere Anforderungen schon ab geringeren Gebäudegrößen anwenden, während andere die Kleinraumausnahmen großzügiger handhaben.

  • Prüf- und Nachweispflichten: Während die Muster-Richtlinie selbst keine ausführlichen Verfahrensregeln enthält, legen manche Länder fest, dass etwa vor Inbetriebnahme einer größeren Lüftungsanlage ein Brandschutz-Sachverständiger diese abzunehmen hat. In NRW regelt dies z.B. die Prüfverordnung (PrüfVO NRW), die bestimmt, welche sicherheitstechnischen Anlagen regelmäßig durch einen Prüfsachverständigen geprüft werden müssen. Lüftungsanlagen mit sicherheitstechnischer Funktion (also brandrelevante Aspekte) zählen dort zu den prüfpflichtigen Anlagen in Sonderbauten. In anderen Ländern ist das ähnlich (etwa Bayern: SPrüfV, Sachsen: SächsTechPrüfVO).

  • Landesspezifische Ergänzungen: Einige Länder fügen zur M-LüAR zusätzliche Verwaltungsvorschriften hinzu, z.B. Auslegungsbekanntmachungen. In Baden-Württemberg war zeitweise eine eigene Auslegungshilfe aktiv, die Details zur Wartung enthielt. Solche ergänzenden Erlasse können betreffen: die Art der Kennzeichnung von Brandschutzklappen (Aufkleber, Prüfplaketten), Anforderungen an Fluchtwege in Lüftungszentralen, oder auch Übergangsfristen für Bestandsanlagen.

Ein typisches Umsetzungsproblem in der Praxis ist der Bestandsschutz und die Nachrüstung. Die M-LüAR gilt grundsätzlich für neue Anlagen bzw. wesentlich geänderte Anlagen. Bestehende ältere Lüftungssysteme entsprechen oft früheren Regeln (oder gar keinen spezifischen Regeln, wenn vor Jahrzehnten errichtet). Facility Manager stehen vor der Aufgabe, bei Umbauten oder Nutzungsänderungen diese Altanlagen ins heutige Sicherheitsniveau zu überführen. Dabei stellt sich oft die Frage: Muss eine Bestandsanlage komplett auf M-LüAR-Standard gebracht werden, oder genügen punktuelle Verbesserungen? Hier interpretieren die Länder die Materie unterschiedlich. Einige Bauaufsichtsbehörden fordern bei jeder größeren Baumaßnahme, dass auch die Lüftung nachgerüstet wird (z.B. nachträglicher Einbau von Brandschutzklappen in alten Lüftungsleitungen, falls Zugänglichkeit gegeben). Andere gewähren Bestandschutz, solange sich die Nutzung nicht verschlechtert. Es gibt Berichte, dass in manchen historischen Gebäuden Ausnahmen von der M-LüAR geduldet wurden, weil eine Nachrüstung unverhältnismäßig wäre – dann aber müssen kompensatorische Maßnahmen ergriffen werden, z.B. dichter Rauchmelderverbund und personelle Brandsicherheitswachen bei Veranstaltungen.

Auch die Abweichungspraxis ist ein spannendes Feld: In den Landesbauordnungen gibt es stets die Möglichkeit, von technischen Baubestimmungen abzuweichen, wenn gleichwertige Sicherheit erreicht wird (vgl. § 51 MBO i.V.m. Landesrecht). In der Lüftungsanlagen-Richtlinie wurden in früheren Jahren häufiger Abweichungen beantragt, etwa: anstelle einer Brandschutzklappe eine sprinklergeschützte Leitung zu verwenden, oder Kunststofflüftungsrohre in Laboren (wegen Chemikalienbeständigkeit) zuzulassen mit zusätzlichen Rauchmeldern. Die Genehmigungsbehörden behandeln solche Gesuche nicht einheitlich – was wiederum zur fehlenden Harmonisierung beiträgt. Was in einem Land genehmigt wird, kann im anderen abgelehnt werden, da keine bundesweit einheitliche Linie besteht. Allerdings dienen Fachveröffentlichungen und der Erfahrungsaustausch der Prüfsachverständigen dazu, hier allmählich Konvergenz herzustellen.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Umsetzung der M-LüAR zwar im Grundsatz eine Vereinheitlichung gebracht hat („eine einheitliche Basis für die Richtlinien der einzelnen Länder“), aber immer noch länderbezogene Varianten bestehen. Für Leitungskräfte im Facility Management bedeutet dies, dass sie die jeweils einschlägigen Landesregelungen genau kennen müssen. Ein Lüftungsanlagen-Konzept, das in Hamburg einwandfrei ist, könnte in München einzelne Ergänzungen brauchen. Dies betrifft vor allem Sonderbauten und Bestandsanlagen. Daher empfiehlt es sich, bei überregional tätigen Unternehmen internes Know-how oder Konsulenten vorzuhalten, die die unterschiedlichen Landesvorgaben im Blick haben. Der Trend geht jedoch perspektivisch zu weiterer Harmonisierung: Die laufenden Aktualisierungen der M-LüAR (wie 2020) zielen darauf ab, die Länderabweichungen zu reduzieren, indem man strittige Punkte – wie Wohnungslüftung – im Muster klärt und damit alle Länder auf denselben Stand bringen möchte.

Facility Management: Betreiberpflichten, Prüfung, Dokumentation und Brandschutzorganisation

Für Leitungskräfte im Facility Management (FM) ist die M-LüAR nicht nur theoretischer Maßstab bei Bauprojekten, sondern vor allem im laufenden Betrieb von höchster Relevanz. Bereits die Bauordnungen formulieren eine allgemeine Betreiberverantwortung: Bauliche Anlagen und ihre Einrichtungen sind so zu betreiben und instand zu halten, dass die öffentliche Sicherheit nicht gefährdet wird (vgl. z.B. § 3 Abs.1 MBO). Die M-LüAR als eingeführte technische Regel konkretisiert diese Pflicht für Lüftungsanlagen. Wie ein öffentlich bestellter Sachverständiger betont, ist sie „bei Planung, Ausführung und dem Betrieb von Lüftungsanlagen zu beachten“. Betreiberpflicht heißt hier: Der Eigentümer bzw. der von ihm beauftragte Facility Manager muss sicherstellen, dass die Lüftungsanlage jederzeit die vorgeschriebene Brandsicherheit aufweist.

Das umfasst insbesondere folgende Aspekte:

  • Instandhaltung und Wartung: Lüftungsanlagen, einmal korrekt nach M-LüAR errichtet, müssen durch regelmäßige Wartung in diesem sicheren Zustand gehalten werden. Gerade bewegliche und elektromechanische Komponenten wie Brandschutzklappen, Rauchmelder, Steuerungen oder Entrauchungsventilatoren sind anfällig für Verschleiß, Schmutzablagerungen und mechanische Defekte. Daher schreiben sowohl die Hersteller als auch normative Regeln Wartungsintervalle vor. Bis vor wenigen Jahren galten sehr kurze Intervalle: In den ehemaligen Allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassungen (abZ) für Brandschutzklappen war z.B. eine Funktionsprüfung halbjährlich gefordert, die bei zwei mangelfreien Prüfungen auf jährlich verlängert werden durfte. Die aktuelle M-LüAR (Abschnitt 4.2) hat diese Vorgabe deutlich entschärft und „einen maximalen Prüfabstand von sechs Jahren“ zugelassen, sofern der Hersteller keine kürzeren Fristen vorgibt. Zudem darf bei motorisch betriebenen BSK die Überprüfung der Funktion ferngesteuert (also automatisiert) erfolgen, mindestens monatlich. Diese Liberalisierung wurde in der Fachwelt kontrovers diskutiert. Sachverständige wie Tale-Yazdi halten einen 6-Jahres-Turnus für „äußerst kritisch“, da eine so seltene Prüfung die Funktionssicherheit erheblich gefährden kann. Es besteht die Befürchtung, dass Hersteller im Wettbewerb um wartungsarme Produkte immer längere Intervalle propagieren könnten, was aus Kostengründen für Betreiber verlockend ist, aber sicherheitstechnisch riskant. In der Praxis haben sich inzwischen Mindeststandards etabliert: Die deutsche Norm DIN 14677 (2018) empfiehlt für Brandschutzklappen Wartungen im Abstand von 2 bis 4 Jahren (je nach Beanspruchung). Mindestens alle 4 Jahre muss also eine fachkundige Inspektion und Funktionsprüfung erfolgen – in staubbelasteten Umgebungen entsprechend häufiger. Viele Betreiber, insbesondere im kritischen Infrastrukturbereich (Krankenhäuser, Versammlungsstätten), haben interne Vorgaben, die eher bei jährlich oder zweijährlich liegen, um auf der sicheren Seite zu sein. Für Facility Manager bedeutet dies: Sie müssen ein Wartungskonzept für jede Lüftungsanlage erstellen, das die Intervalle gemäß Herstellervorschrift, Norm und evtl. Versicherungsbedingungen einhält. Dabei gilt es auch, Wartungsverträge mit geeigneten Fachfirmen abzuschließen und die Maßnahmen finanziell einzuplanen.

  • Prüfungen und Kontrollen: Neben der routinemäßigen Wartung durch Techniker gibt es in einigen Bundesländern die Pflicht zu unabhängigen Prüfungen durch Sachverständige. Wie bereits erwähnt, sehen Prüfverordnungen vor, dass in Sonderbauten (z.B. Hochhäuser, große Versammlungsstätten) die Lüftungsanlagen in regelmäßigen Abständen – oft alle 3 bis 5 Jahre – von einem staatlich anerkannten Prüfsachverständigen auf ihre Wirksamkeit im Brandfall geprüft werden müssen. Der Prüfsachverständige kontrolliert dabei nicht die allgemeine Funktion der Lüftung (die Luftqualitätsfrage), sondern spezifisch die Einhaltung der Brandschutzmaßnahmen: Sind alle vorgeschriebenen Brandschutzklappen vorhanden und intakt? Schließen sie bei Auslösung zuverlässig? Funktionieren die Rauchmelder und Steuerungen? Entsprechen eventuelle Umbauten noch den Vorschriften? – Für den Facility Manager bedeutet dies, dass er die Prüffähigkeit der Anlage gewährleisten muss. Dazu gehören vorbereitende Maßnahmen (Zugänglichkeit von Revisionsklappen, Bereitstellung aktueller Unterlagen wie Pläne, Schemas, letzte Wartungsberichte) und die Begleitung der Prüfung. Festgestellte Mängel sind fristgerecht zu beheben. Die Prüfberichte müssen archiviert werden. Hier zeigt sich die enge Verknüpfung zur M-LüAR: Ein Prüfsachverständiger wird letztlich die Anlage daran messen, ob sie der (ggf. landesangepassten) Lüftungsrichtlinie entspricht. Der FM-Leiter muss daher die Richtlinie kennen, um im Alltag Abweichungen oder Probleme früh zu erkennen und nicht erst beim Prüftermin überraschend Mängel attestiert zu bekommen.

  • Dokumentationspflichten: Eine ordnungsgemäße Dokumentation ist integraler Bestandteil der Betreiberpflichten. Dies fängt an bei der Brandschutzakte des Gebäudes, in der auch alle Lüftungsanlagen mit ihren sicherheitsrelevanten Einrichtungen aufgeführt sein sollten (inklusive Revisionsunterlagen, Abnahmeprotokolle, Abweichungsgenehmigungen etc.). Im Betrieb ist für jede sicherheitstechnische Anlage ein Wartungs- und Prüfprotokoll zu führen. So schreibt etwa DIN EN 13306 (Wartungsnorm) vor, dass alle durchgeführten Wartungsarbeiten aufzuzeichnen sind – im Falle von Brandschutzklappen inkl. Datum, Person/Firma, Befund, durchgeführten Maßnahmen. Viele Betreiber nutzen hierfür mittlerweile digitale Tools oder CAFM-Systeme, um die Termine und Berichte zu verwalten. Wichtig ist, dass auch spontane Ereignisse dokumentiert werden: Hat z.B. ein Rauchmelder in der Lüftung fehlausgelöst und zu einer Ansteuerung der Brandschutzklappen geführt, so sollte dies vermerkt und analysiert werden (war es ein technischer Defekt? Verschmutzung?). Bei behördlichen Kontrollen – etwa im Rahmen einer Betriebsüberwachung oder im Brandverhütungsschau-Termin – wird die lückenlose Dokumentation als Nachweis der Erfüllung der Betreiberpflicht herangezogen. Kann der Betreiber nicht belegen, regelmäßig gewartet und geprüft zu haben, können ihm im Schadensfall Fahrlässigkeit oder Pflichtverletzungen vorgeworfen werden, was haftungs- und versicherungsrechtliche Konsequenzen haben kann.

  • Schulung und Organisation: Ein oft unterschätzter Aspekt ist die menschliche Komponente. Bedienpersonal und Haustechniker, die mit der Lüftungsanlage umgehen, müssen über deren Brandschutzfunktion Bescheid wissen. Beispielsweise darf ein Haustechniker nicht ohne Weiteres eine immer wieder auslösende Brandschutzklappe einfach arretieren (öffnen und blockieren), um ständige Alarme zu vermeiden – dies wäre ein schwerer Verstoß, der die Brandabschnittstrennung aufhebt. Das Personal muss in solchen Fällen die Ursache beheben (etwa Austausch des defekten Melders) statt die Sicherheitseinrichtung unwirksam zu machen. Facility-Management-Leitungskräfte sollten daher für entsprechende Schulungen sorgen, z.B. Unterweisungen zu Brandmelde- und Lüftungssystemen. Ebenso empfiehlt es sich, klare Verantwortlichkeiten festzulegen: Wer im Team ist Ansprechpartner für Lüftungsanlagen? Wer löst eine außerplanmäßige Prüfung aus, wenn Verdachtsmomente bestehen? Solche organisatorischen Regelungen sollten in einem Brandschutzmanagementplan fixiert sein.

  • Eingliederung in das Brandschutzkonzept: Wie im technischen Teil angerissen, sind Lüftungsanlagen Teil des Gesamtbrandschutzes eines Gebäudes. Im Brandschutzkonzept (das z.B. ein Fachplaner für einen Neubau erstellt) wird festgehalten, welche Rolle die Lüftung spielt: Wird sie im Brandfall komplett abgeschaltet? Gibt es Bereiche, in denen sie zur Entrauchung genutzt wird? Welche Klappen schließen wo? – Für den Betrieb ist dieses Konzept die Grundlage. Der Facility Manager sollte sicherstellen, dass es aktuell bleibt. Ändern sich Rahmenbedingungen (z.B. andere Nutzung eines Bereichs, Umbau einer Lüftungszentrale, Erweiterung oder Stilllegung von Anlagenteilen), muss geprüft werden, ob das Brandschutzkonzept angepasst werden muss. Ein Beispiel: In einem Bürohochhaus mit zentraler Klima/Lüftungsanlage war im Brandschutzkonzept vorgesehen, dass im Brandgeschoss die Lüftungsanlage automatisch abschaltet, während die RWA-Klappen im Dach öffnen. Wenn nun die Lüftungsanlage modernisiert wird und vielleicht eine andere Steuerlogik bekommt, muss sichergestellt sein, dass diese Schnittstellen weiterhin funktionieren. Oft ist es sinnvoll, gemeinsam mit einem Brandschutzsachverständigen regelmäßige Wirksamkeitsprüfungen durchzuführen: Dabei wird z.B. ein Probe-Brandalarm ausgelöst und beobachtet, ob alle Brandschutzklappen schließen, ob alle Anzeigen in der Brandmeldezentrale korrekt erscheinen, ob die Lüftungsgeräte abfahren wie geplant. Solche integralen Tests werden in vielen Sonderbauten gefordert oder empfohlen (manchmal jährlich, manchmal alle 3–5 Jahre).

  • Externe Dienstleister und Verträge: Da Lüftungsanlagen und insbesondere ihre Brandschutzeinrichtungen hochspezialisiert sind, arbeiten Facility Manager meist mit externen Fachfirmen für Wartung zusammen. Hierbei ist darauf zu achten, dass in den Verträgen die Anforderungen der M-LüAR und der Normen abgebildet sind. Beispielsweise sollte der Wartungsvertrag für eine RLT-Anlage mit Brandschutzklappen ausdrücklich die Funktionsprüfung der BSK beinhalten – inklusive Auslösen der thermischen Sicherung bzw. Test über Rauchmelder, Reinigung der Klappenblätter, Gangbarmachung der Mechanik und ggf. Austausch der Sicherungselemente. In der Vergangenheit kam es vor, dass Wartungsfirmen nur die lüftungstechnische Inspektion (Luftströme, Filterwechsel etc.) durchführten, den Brandschutz aber nicht oder unzureichend prüften, da dies nicht klar beauftragt war. Hier muss der FM-Leiter eindeutige Leistungsbeschreibungen vorgeben, referenziert z.B. an DIN ATV 414-3 (Leistungsbild Inspektion/Wartung RLT-Anlagen) oder an herstellerspezifische Wartungsanweisungen. Auch der Aspekt der Ersatzteilhaltung fällt hier hinein: Ein Betreiber sollte für gängige Verschleißteile (etwa Schmelzloteinsätze für Brandschutzklappen, Filtermatten für Rauchmelder in Kanälen etc.) ein kleines Lager haben, um bei einem Befund sofort reagieren zu können.

Zusammengefasst ist die Schnittstelle zur betrieblichen Realität durch zwei Leitbegriffe gekennzeichnet: Sicherheit gewährleisten und Nachweis führen. Die M-LüAR liefert das Pflichtenheft, was technisch da sein muss und funktionieren muss; der Facility Manager hat dafür zu sorgen, dass dies im Tagesbetrieb eingelöst wird. Er muss die Lüftungsanlagen so organisieren, dass die Brandschutzfunktion permanent aktiv ist (z.B. keine Klappe verstellt, keine Sicherung blockiert), dass Ausfälle sofort erkannt und behoben werden (daher sind oft Störmeldungen von Brandschutzklappen in der Gebäudeleittechnik aufgeschaltet), und dass alle vorgeschriebenen Prüfungen termingerecht stattfinden. Außerdem muss er im Ernstfall (Brand) bereit sein: Das Personal sollte wissen, wie man Lüftungsanlagen notfalls manuell abschaltet oder steuert, etwa falls eine automatische Schließung versagt. Diese Punkte gehören in die Brandschutzordnung des Betriebs, und Übungen (z.B. Räumungsübungen) sollten auch den Aspekt Lüftung berücksichtigen.

Nicht zuletzt fordert die Richtlinie auch den Eigentümer direkt: Kommt es zu einem Brand und stellt sich heraus, dass z.B. Brandschutzklappen wegen mangelnder Wartung nicht geschlossen haben und deshalb größerer Schaden entstand, drohen Haftungsansprüche. Versicherungen prüfen im Schadenfall sehr genau, ob die Betreiberpflichten erfüllt waren – Wartungsprotokolle und Prüfberichte sind dann entscheidende Belege. Es liegt also im ureigenen Interesse der Facility-Management-Leitung, hier Sorgfalt walten zu lassen.

Aktuelle juristische und technische Kontroversen

Trotz (oder gerade wegen) ihres detaillierten Inhalts ist die M-LüAR Gegenstand einiger Diskussionen in Fachkreisen. Im Folgenden werden drei prominente Kontroversen erläutert – jeweils mit Bezug sowohl auf die rechtliche Bewertung als auch die technische Seite.

Verlängerte Prüfintervalle für Brandschutzklappen

Wie oben bereits angesprochen, war eine der gravierendsten Änderungen der M-LüAR 2016/2020 die Ausdehnung der maximal zulässigen Prüfintervalle für Brandschutzklappen. Die Reduzierung der Prüfhäufigkeit – nominell von jährlich auf bis zu sechsjährig – stieß sofort auf Kritik seitens Sachverständiger und Verbände. Hauptargument: Eine Brandschutzklappe ist ein sicherheitskritisches Bauteil, dessen Funktionsfähigkeit durch Korrosion, Staub, Ablagerungen oder Mechanikprobleme beeinträchtigt werden kann. Ohne regelmäßige Inspektion könnten Klappen unbemerkt klemmen oder Schließen nicht vollständig. Dipl.-Ing. Tale-Yazdi formulierte hierzu: „Der nunmehr sechsjährige Prüfabstand ist als äußerst kritisch anzusehen. Eine regelmäßige und fachgerecht ausgeführte Überprüfung ist wesentlich für die Funktionssicherheit von Brandschutzklappen.“. Er verwies darauf, dass die bisherige Regel (alle 6 bzw. 12 Monate) breit akzeptiert war und sogar von den Herstellern in Bedienungsanleitungen übernommen wurde. Die Sorge ist nun, dass wirtschaftlicher Druck zu einem Wettbewerb führt, wer die längsten Wartungsintervalle anbieten kann – auf Kosten der Sicherheit. Tatsächlich haben einige Hersteller bereits Systeme im Programm, die via Motorfernsteuerung eine Selbstprüfung der Klappe erlauben (siehe RAE-Funktion). Doch der Entwurf der Richtlinie enthielt keine konkreten Vorgaben, wie diese Fernprüfung überwacht und dokumentiert werden soll. Früher war etwa in den Zulassungen gefordert, dass die Stellmotore eine Rückmeldung geben und die Laufzeit überwacht wird (damit man merkt, wenn eine Klappe länger zum Schließen braucht, evtl. durch ein Hindernis). Solche Sicherungsmechanismen fehlten zunächst im Richtlinientext, wurden aber in der endgültigen Fassung und ergänzenden Norm (DIN 14677) teilweise berücksichtigt. Trotzdem bleibt die Kritik, dass ein Intervall von mehreren Jahren ohne fachmännischen Blick vor Ort riskant ist.

Aus juristischer Sicht stellt sich die Frage: Sind die Länder verpflichtet, die 6-Jahres-Frist zu übernehmen? Hier zeigt sich Unsicherheit. Einige Länder haben in ihren Einführungserlassen diese lange Frist nicht ausdrücklich genannt und belassen es bei dem Passus „gemäß Herstellerangaben oder einschlägigen Normen“. Dadurch kann implizit auch ein kürzerer Zyklus gelten, wenn der Hersteller dies fordert. Zivilrechtlich (Haftung) bewegt sich ein Betreiber mit 6 Jahren auf dünnem Eis – sollte es in der Zwischenzeit zu einem Schadensereignis kommen, würde man prüfen, ob 6 Jahre nicht objektiv zu lang waren, um die Verkehrssicherheit zu gewährleisten. Daher wird in der Literatur empfohlen, 6 Jahre nur auszureizen, wenn ein System kontinuierlich überwacht wird (z.B. permanente Zustandsüberwachung der Klappen) und die Umgebungsbedingungen sehr sauber sind. In der Praxis dürften viele dem Rat der Unfallversicherer folgen: Die DGUV-Information 205-040 etwa listet Prüffristen im Brandschutz auf und wird vermutlich bei BSK 1-2 Jahre als Orientierung angeben (diese Information wurde 2022 herausgegeben). Hier prallen also Kostenerwägungen (lange Intervalle sparen Wartungskosten) und Sicherheitskultur (lieber öfter prüfen) aufeinander. Facility Manager stehen hier oft zwischen Geschäftsführung (Kostenminimierung) und Sicherheitsverantwortung. Eine lösungsorientierte Strategie kann sein: Risikobewertung je Anlage – bei geringer Nutzung (z.B. selten genutzte Archivräume) könnte man Intervalle strecken, während bei Dauerbetrieb in schmutziger Luft (Werkstätten) engmaschig geprüft wird. Wichtig ist, diese Entscheidungen zu dokumentieren und mit dem Brandschutzgutachter abzustimmen, um im Zweifel argumentieren zu können.

Fehlende Harmonisierung und Abweichungen zwischen den Ländern

Trotz Bestrebungen zur Vereinheitlichung (die ja Sinn der M-LüAR war) gibt es, wie in Kapitel 5 dargestellt, immer noch fehlende Harmonisierung. Dies ist mehr ein administrativ-rechtliches Thema, hat aber praktische Folgen.

Unterschiede in Landesvorschriften bedeuten z.B.:

  • Planer müssen sich bei länderübergreifenden Projekten auf verschiedene Auslegungen einstellen (höherer Planungsaufwand, Fehlerpotenzial).

  • Hersteller von Lüftungsprodukten müssen ggf. unterschiedliche Zulassungen/Verwendbarkeitsnachweise vorhalten, wenn ein Bundesland Sonderwege geht (was selten, aber möglich ist, etwa Hessen mit HVLR könnte zusätzliche Anforderungen an Produkte stellen).

  • Betreiber mit Immobilien in mehreren Ländern müssen mehrere Regelwerke parallel beachten, was Schulung und Organisation erschwert.

Ein gutes Beispiel war die Übergangszeit 2016–2020, als noch nicht alle Länder die M-LüAR in der Fassung 2015 übernommen hatten. Einige Länder arbeiteten noch nach der alten Fassung 2005/2010. Das führte dazu, dass z.B. in Land A die neuen Abschnitt-7-Regeln (Wohnungslüftung) schon galten, in Land B aber formal noch die alte DIN 18017-3-Regelung. Wer also 2017 ein Wohnungsbauprojekt in Land B hatte, durfte vielleicht noch die einfacheren alten Brandschotts einsetzen, während in Land A schon die neuen 0,2 m²-Absperrer hätten gefordert werden können. Solche Szenarien hat es gegeben und sie erzeugten teils Unverständnis bei Bauherren.

Ein weiteres Harmonisierungsthema ist die Schnittstelle zur MLAR (Muster-Leitungsanlagen-Richtlinie). Die MLAR regelt allgemein den Brandschutz bei Leitungsdurchführungen aller Art (Elektro, Gas, Wasser, aber eben auch Lüftung). Im Grunde werden Lüftungsleitungen an Brandwänden sowohl von MLAR als auch M-LüAR erfasst. Die M-LüAR verweist in manchen Punkten auf MLAR (z.B. für Brandschutzklappen – siehe unten), aber nicht durchgängig. Einige Länder hatten Koordinationsprobleme: Es musste sorgfältig vermieden werden, dass widersprüchliche Anforderungen in MLAR-Einführungen vs. LüAR-Einführungen entstehen. 2020 wurden MLAR und M-LüAR abgestimmt gemeinsam geändert, um genau diese Harmonisierung zu sichern. In der Praxis merkt der FM-Leiter davon wenig – außer, dass Begriffe konsistent wurden. Beispielsweise definierte die MLAR früher Brandschutzklappen ausführlich. Jetzt wird klargestellt: Die brandschutztechnischen Anforderungen an Brandschutzklappen sind in der MLAR geregelt, da sie allgemein für alle Leitungsdurchführungen gelten. Die M-LüAR behandelt BSK insoweit nur im Kontext der Anlage (Positionierung, Auslöseeinrichtungen), während die MLAR z.B. Anforderungen an die Zulassung und Einbau der BSK enthält. Dieses Nebeneinander musste erst harmonisiert werden, was inzwischen gelungen ist. Dennoch müssen Anwender stets beide Richtlinien im Blick haben – eine unübersichtliche Situation, die man gelegentlich kritisiert hat. Ein Vorschlag war, MLAR und M-LüAR zu fusionieren, um eine einheitliche „Leitungs- und Lüftungsanlagen-Richtlinie“ zu schaffen. Bisher blieb es aber bei getrennten Dokumenten.

Von fehlender Harmonisierung kann man auch hinsichtlich der Auslegung sprechen. Manche Vorgaben lassen Interpretationsspielraum. Ein Beispiel: „Lüftungsleitungen müssen nichtbrennbar sein; brennbar ist zulässig, wenn kein Beitrag zur Brandweiterleitung zu befürchten ist.“ Was heißt „nicht zu befürchten“ genau? Länder haben dazu Merkblätter herausgegeben, was sie akzeptieren (etwa: PVC-Rohre in einem einzigen Raum ohne Decken/Wanddurchbruch könnte man als unkritisch einstufen – ein Land erlaubt es, ein anderes vielleicht nicht). Solche Feinheiten werden erst durch Erfahrungsaustausch geklärt. In der Zwischenzeit kann es passieren, dass ein Prüfer in Land X einen Mangel reklamiert, den ein Kollege in Land Y nicht als solchen ansehen würde.

Auf juristischer Ebene ist das unschön, aber solange Bauordnungsrecht Ländersache ist, wohl nicht völlig vermeidbar. Immerhin gibt es Institutionen – z.B. die ARGEBAU (Arbeitsgemeinschaft der Obersten Bauaufsichtsbehörden) – die versuchen, Auslegungen abzustimmen. Die Fachkommission Bauaufsicht selbst hat regelmäßige Treffen, wo auch Umsetzungsprobleme besprochen werden. Oft fließen solche Erkenntnisse dann in die nächste Anpassung der Muster-Richtlinie ein. Der beste Weg zur Harmonisierung ist also die Weiterentwicklung der M-LüAR – je detaillierter und eindeutiger sie wird, desto weniger Spielraum bleibt für Länder, eigene Wege zu gehen.

Energieeffizienz und Brandschutz – ein Zielkonflikt?

Moderne Gebäude sollen energieeffizient und gleichzeitig brandsicher sein.

Bei Lüftungsanlagen führt dies mitunter zu Zielkonflikten. Einige Beispiele:

  • Dämmung vs. Nichtbrennbarkeit: Um Wärmeverluste zu minimieren, werden Lüftungsleitungen gut gedämmt. Energetisch wären moderne Schäume oder mehrlagige Verbunddämmungen effektiv – doch die M-LüAR verlangt Nichtbrennbarkeit der Dämmschicht. Steinwolle erfüllt dies, ist aber dicker und teurer als manche Alternativen. Kunststoffe mit besserem λ-Wert scheiden aus Brandschutzgründen aus (es sei denn, man packt sie wieder in feuerfeste Ummantelungen, was den Vorteil aufhebt). Hier besteht ein Konflikt zwischen optimaler Energieeinsparung und Brandsicherheit. In vielen Fällen wird zugunsten des Brandschutzes entschieden – was minimal höhere Transmissionverluste bedeutet. Lösungsorientiert betrachtet, kann man versuchen, Dämmung außerhalb brandgefährdeter Bereiche einzusetzen: z.B. in unbeheizten Technikzentralen könnte man eine brennbare Dämmschicht wagen, solange die Leitung nicht durch Brandabschnitte führt. Genau das erlaubt die Richtlinie ja: Leitungen, die nur innerhalb eines Brandabschnitts verlaufen, dürfen auch schwerentflammbar gedämmt sein. Dennoch bleibt es ein Abwägen.

  • Luftdichtheit und Wärmerückgewinnung vs. Brandabschnitte: Energieeffizienz fordert luftdichte Gebäude und Systeme, oft verbunden mit zentraler Wärmerückgewinnung (WRG). Eine zentrale Lüftungsanlage mit WRG führt aber dazu, dass viele Räume über ein Netz von Kanälen verbunden sind – im Brandfall unerwünscht. Man könnte stattdessen in jedem Brandabschnitt separate Lüftungsaggregate mit eigener WRG einbauen (was die Brandabschnitttrennung erleichtert), aber das ist teurer und evtl. weniger effizient (weil kleine dezentrale Geräte oft niedrigere Wirkungsgrade haben). Ein Problemfall sind Rotations-Wärmetauscher: Diese drehen sich zwischen Zu- und Abluftstrom und können Gerüche oder Rauch übertragen. Energetisch sind sie top (hohe Rückwärmquote), brandschutztechnisch kritisch. Die M-LüAR fordert hier meist, dass im Brandfall so ein Gerät abgeschaltet und abgedichtet wird – was technisch realisiert wird, aber bedeutet: im Brandfall geht die Wärmerückgewinnung natürlich verloren, was aber egal ist. Der Konflikt liegt eher im Normalbetrieb: Um Geruchsübertragung zu verhindern, braucht ein Rotationswärmetauscher einen Spülsektor (kleine Undichtigkeit, die mit Luft durchströmt wird), was Effizienz leicht mindert. Brandschutz fordert solche Maßnahmen (und Hygiene auch), Effizienz leidet minimal. Insgesamt sind diese Zielkonflikte lösbar, aber sie erfordern interdisziplinäre Planung: Der TGA-Planer muss mit dem Brandschützer und Energiekonzeptler gemeinsam Lösungen finden, die akzeptabel sind. Gegebenenfalls müssen größere WRG-Geräte mit Bypass oder Kombination von Kreuzstromtauscher + Rotor gewählt werden, was komplexer ist.

  • Entrauchung vs. Klimatisierung: In manchen Gebäuden werden Lüftungsanlagen zweckentfremdet, um im Brandfall Rauch abzuleiten (z.B. übersteuerter Abluftventilator). Energetisch optimierte Anlagen laufen aber z.B. drehzahlgeregelt, mit Sparmodus etc. Ein Zielkonflikt entsteht, wenn die Anlage im Brandfall auf Volllast gehen muss, obwohl sie im Normalfall vielleicht nie in diesem Punkt betrieben wird. Es gab Fälle, wo hocheffiziente Ventilatoren im Ernstfall nicht die erwartete Rauchförderleistung brachten, weil sie z.B. strangreguliert waren für Teillast-Optimierung. Hier zeigt sich: Wenn eine Anlage zwecks Effizienz immer gedrosselt betrieben wird, kann es Überraschungen geben, wenn sie schlagartig 100% leisten soll. Abhilfe: Regelmäßige Brandfallproben unter Volllast, um sicher zu sein, dass alles funktioniert und die Motoren nicht „eingeschlafen“ sind.

  • Kontrollierte Wohnraumlüftung vs. natürlicher Rauchabzug: Energieeinsparverordnung und Gebäudeenergiegesetz fördern dichte Gebäudehüllen, oft mit Lüftungsanlagen. Früher boten undichte Fenster und Schächte in Altbauten immerhin gewisse Rauchabzüge bei einem Brand (wenn auch unkontrolliert). In einem top gedämmten, dichten Gebäude kann Rauch schlechter von selbst abziehen – man ist auf aktive Entrauchung angewiesen. Wenn aber in solchen Häusern keine Pflicht zu RWA besteht (z.B. normales Wohngebäude hat keine Rauchabzüge wie Sonderbauten), dann kann ein Entstehungsbrand umso gefährlicher sein, weil alles dicht ist. Hier kollidieren im großen Maßstab Energieeffizienz und Sicherheitsniveau. Die M-LüAR packt dieses Thema nur indirekt an, indem sie überhaupt Regeln für Wohnungslüftung definiert (Abschnitt 7.1 und 7.2). Eine übergreifende Lösung könnte sein, auch in Wohnbauten ab einer gewissen Größe einfache Rauchabzugsfenster vorzusehen – was aber der Energieeffizienz (Wärmeverluste) entgegensteht. Eine mögliche zukünftige Entwicklung ist, diese Konflikte über intelligente Systeme zu entschärfen: z.B. motorische Fenster, die im Brandfall kurz öffnen (für Rauchabzug), aber sonst dicht sind; oder Lüftungsanlagen, die im Normalbetrieb minimal lüften und Feuchte managen, im Brandfall aber gezielt Rauch abführen (quasi kombinierte Lüftungs- und Entrauchungsanlage, was bisher nicht üblich ist im Wohnungsbau).

  • Kühlung und Klimatisierung vs. Brandabschottung: In modernen Nicht-Wohngebäuden (Büro, Gewerbe) werden aus Effizienzgründen oft kombinierte Lüftungs-Klimasysteme genutzt (z.B. zentrale Lüftung plus dezentrale Umluftkühler, etc.). Brandschutz erfordert u.U. brandabschnittsweise Trennung auch der Kältemittelverrohrung, der Kabel etc. Die Koordination all dieser Gewerke mit dem Brandschutz erhöht Planungsaufwand. Wenn hier nicht optimal geplant wird, können Kompromisse entweder die Effizienz senken (z.B. mehr, kleinere Anlagen statt einer großen Zentralanlage) oder den Brandschutz gefährden (wenn man versäumt hat, irgendwo eine Klappe vorzusehen, weil das System komplex war).

In der Summe sind die Konflikte zwischen Energieeffizienz und Brandschutz lösbar, erfordern aber ganzheitliches Denken. Juristisch ist zu beachten, dass Energieeinsparvorschriften (EnEV, jetzt GEG) und Brandschutzvorschriften gleichrangig nebeneinander stehen. Planer müssen beide erfüllen. Es gibt keine generelle Priorität – im Zweifel geht natürlich Sicherheit vor, aber man sollte es gar nicht zum Widerspruch kommen lassen, sondern Konzepte so wählen, dass beides erreicht wird. Die M-LüAR versucht, diese Balance zu unterstützen, indem sie keine unnötigen Hürden aufstellt: z.B. wird Wärmerückgewinnung nicht verboten, sondern nur mit Auflagen versehen; moderne Materialien sind in Ausnahmefällen zugelassen, etc. In den Erwägungsgründen der Fachkommission wurde betont, man wolle den Innovationsspielraum erhalten und trotzdem Schutzziele sicherstellen.

Ein fortschrittliches Beispiel: „Intelligente Brandschutzklappen“, die im Normalbetrieb feinfühlig die Luftströme regeln (zur Klimasteuerung) und nur im Brandfall schließen. So etwas könnte Energie sparen, weil man keine separaten Volumenstromregler bräuchte. M-LüAR und Normen geben solchen Lösungen Raum, indem sie nicht vorschreiben, dass eine BSK stets eine primitive Klappe sein muss – es kann auch ein Kombiprodukt sein, wenn es die nötigen Zulassungen hat. Solche integrativen Lösungen werden möglicherweise künftig gängiger, um den scheinbaren Widerspruch zwischen Effizienz und Sicherheit aufzulösen.